Mikrokredite


Hilfe zur Selbsthilfe 

Mit der Ausgabe der Mikrokredite ermöglichen wir den Frauen in Uganda sich eine finanzielle Selbstständigkeit aufzubauen.

Ein Bericht von Dr. Karl Hirschhäuser

Bei meinem Besuch in Butiru in der ersten Oktoberhälfte 2016 hatte ich als Banker die  Gelegenheit, Victo zu begleiten.


Victo ist verantwortlich für das Microfinance-Business in Butiru. Sie betreut ca. 150 - 200 Frauen in den Dörfern rund um Butiru und vergibt dort Kleinkredite: entweder 50.000 oder 100.000 Uganda-Schillinge (umgerechnet 13,50 bzw. 27 Euro). Darauf wird gleich der Zins aufgeschlagen (20% p.a., was für ugandische Verhältnisse niedrig ist). Die Laufzeit beträgt 20 Wochen, so dass wöchentlich inklusive Zins   entweder 3.000 oder 6.000 Schillinge zurückzuzahlen sind. Kredit bekommt, wer sich dafür qualifiziert.   Das geschieht über eine Gruppenbindung:

3 bis 5 Frauen bilden eine Gruppe, die sich gegenseitig vertraut, Verantwortung füreinander übernimmt und sich wechselseitig kontrolliert. Gestartet wird mit der ausgewählten ersten Frau. Nur wenn diese pünktlich zurückzahlt, bekommt auch die nächste einen Kredit, so lange bis alle – dann gleichzeitig – an der Reihe sind. Aufgabe von Victo ist es, wöchentlich sich mit den Frauen zu treffen und – wenn alles gut geht – die fällige Rate einzusammeln. Hierbei durfte ich diesmal mitwirken. Wir fuhren mit Boda Bodas (Motorradtaxis), die man auf der Straße herbeirufen kann, ca. 15 km aufs Land. Die Fahrt ging über holprige Feldwege mit zum Teil tiefen Furchen vorbei an Feldern, einzelnen Hütten und kleinen Dörfern. Am Anfang war mir auf dem Rücksitz des Motorrads (natürlich ohne Helm!) etwas mulmig zumute. Insbesondere wenn das Motorrad mit Victo etwas weiter voraus war und wir die Distanz mit ordentlich Gas geben wieder aufholen mußten. Aber man gewöhnt sich schnell an die neue Art der Fortbewegung, zumal die Jungs auf den Motorrädern echt geschickt sind.

Nach einer knappen halben Stunde kamen wir am Treffpunkt an. Für uns beide als Respektpersonen standen bereits Lehnstühle bereit. Trotz Termin – von den Frauen zunächst keine Spur, aber das ist nicht ungewöhnlich. Terminvereinbarungen haben hier immer auch das Elements eines Vorschlags. Victo beruhigte mich: take your time, die werden schon kommen! Und in der Tat: nach und nach kamen ca. 30 Frauen aus allen Himmelsrichtungen zusammen. Kleine Bänke wurden im Kreis aufgestellt und man begann zu palavern. Eine gute Gelegenheit, sich mal wieder auszutauschen, Klatsch und Tratsch zu verbreiten und Alltagsprobleme zu diskutieren. Eigentlich genau so wie bei uns auch.

Dann begann der offizielle Teil. Weil Victo mich als Gast mitgebracht hatte und ich Banker bin, bat Victo die Frauen, mir mehr über ihr jeweiliges Geschäft zu erzählen. Das haben die Damen gerne gemacht. Meist geht das Geschäftsmodell nach dem Motto „Kaufe etwas billig irgendwo ein und verkaufe es anderswo teurer“. Gegenstand des Zwischenhandels können Mais, Kochbananen (für „Matoke“), Kaffee, Kleidung usw. sein. Das Geschäft ist durchaus mühsam und hart. Häufig müssen die Gegenstände mit einfachsten Transportmitteln von weit her beschafft werden. Es gibt aber auch das Weiterverarbeitungs-Business: eine Frau stellt aus Weizenmehl kleine frittierte Gebäckbällchen (sehr lecker!) her, eine andere braut selbst alkoholische Getränke, eine dritte betreibt ein kleines Restaurant. Es entwickelte sich ein lebhaftes Gespräch, bei dem Victo übersetzen musste, weil die meisten kein Englisch können. Ich wurde gefragt, wie ich das jeweilige Business finde, was man verbessern könnte, wie es in Deutschland aussieht usw.

Danach startete der Kreditrückzahlungs-Teil. Diesmal hatte Victo keinerlei Probleme. Alle anwesenden Frauen (nicht alle, die hätten kommen sollen, waren aber erschienen!), zahlten die vereinbarte Rate. Alles wurde notiert und unterschrieben. Und dann gab es noch ein zusätzliches Element, das ich sehr interessant fand: mehrere Gruppen – in einem Fall bestehend aus acht Frauen – sammelten von jedem Gruppenmitglied 5.000 Schillinge ein und übergaben die Summe von 40.000 Schillingen an ein Gruppenmitglied zur freien Verwendung ohne Pflicht zur Rückzahlung. Das wiederholt sich jede Woche, so dass jeder aus der Gruppe einmal drankommt. Das verschafft dem Begünstigten zusätzlich zum Kredit einen ganz schönen Handlungsspielraum, wenn er ihn geschickt zu nutzen weiß. Gleichzeitig stärkt diese Vorgehensweise den Zusammenhalt und geht nur, wenn jeder dem anderen Vertrauen schenkt, weil er warten muss, bis er an der Reihe ist.

Zum Schluss hatte eine der Frauen das Bedürfnis, insbesondere mir noch einmal die großen Vorzüge des Microfinance-Angebots zu erläutern. Sie erzählte, dass dadurch die Frauen eine sinnvolle Aufgabe hätten und nicht mehr nur dasitzen müssten, dass sie etwas unabhängiger von ihren Männern geworden seien und dass nur durch die Kredite es möglich sei, den Kindern Schulgeld zu bezahlen, ohne gezwungen zu sein, weitere Stücke ihres ohnehin kleinen Besitzes dafür veräußern zu müssen. Sie war sehr dankbar. Alle stimmten unter lebhaftem Beifall zu.

Nach einem extra für uns ausgerichteten Gastmahl ging es zurück. Zu Hause in Butiru hat mir Victo erzählt, dass es natürlich nicht immer so problemlos läuft. Vielfach fällt es den Frauen nicht leicht, immer pünktlich zu zahlen. Mal läuft das Geschäft schlecht, mal wird jemand aus der Familie krank, mal strengt man sich aber auch nicht so an, wie man könnte. Deshalb sind die wöchentlichen Besuche außerordentlich wichtig. Nur mit ständigem Nachhalten und Einfluss nehmen auf die anderen in der Gruppe funktioniert das Geschäft. Dennoch kommt es trotz allem – notwendigen - Druck zu Kreditausfällen. Dann kommt es darauf an, ob und welche Sicherheiten vereinbart wurden und ob man darauf zurückgreifen kann oder auch will. Während professionelle Microfinance-Anbieter hier eher rigoros vorgehen, überwiegt beim Butiru-Microfinance der christliche Ansatz. Niemand darf in den Ruin getrieben werden. Es ist immer eine Gratwanderung.

Alles in allem ist Butiru-Microfinance trotz der Ausfälle (u.a. ein Grund für den aus unserer Sicht hohen Zins) über die Jahre kostendeckend gewesen. Victos Arbeitsstelle kann finanziert werden und das Kapital, das die finanzielle Grundlage für die Kreditgewährung ist und aus deutschen Spenden stammt, wurde nicht vernichtet, sondern im Gegenteil weiter vermehrt.

Wenn Sie, liebe(r) Leser(in), helfen wollen, das Geschäft auszuweiten, dann bedarf es Ihrer Mithilfe bei der Vermehrung des Kapitals. Schon eine Spende von 500 Euro ermöglicht eine zusätzliche Kreditvergabe an weitere 18 bzw. 36 (bei einem kleinen Kredit) Personen. Auch kleinere Beträge sind willkommen und summieren sich, größere natürlich noch viel mehr.

Glauben Sie mir, die Frauen werden es Ihnen danken - von ganzem Herzen.



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